VNR 2025 Beitrag der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
Welche Maßnahmen wurden seit dem letzten VNR 2021 in Deutschland umgesetzt, die exemplarisch für eine ambitionierte, transformative und systemische Umsetzung der Agenda 2030 in Deutschland stehen?
Kommunales Nachhaltigkeitsmanagement: Den Kommunen kommt bei der Umsetzung der Agenda 2030 eine hohe Bedeutung zu. Landkreise, Städte und Gemeinden sind dabei zentrale Akteure! Nachhaltigkeit ist ein Querschnittsthema und betrifft alle kommunalen Handlungsfelder. Kommunen lokalisieren in kommunalen Nachhaltigkeitsstrategien die Agenda 2030 und unterlegen die Ziele mit Maßnahmen und Plänen zur Umsetzung. Dabei werden die Nachhaltigkeitsziele mehr und mehr in kommunalen Haushalten verankert. Zentral ist, dass Nachhaltigkeitsziele untereinander und am besten mit einem wirkungsorientierten Haushalt verzahnt werden.
Mit der Unterzeichnung der „2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten (Externer Link)“ haben sich 265 deutsche Kommunen zu einer nachhaltigen Entwicklung vor Ort und weltweit bekannt. Über 240 Kommunen bundesweit haben bereits SDG-Bestandsaufnahmen und Nachhaltigkeitsstrategien erstellt oder ein digitales SDG-Monitoring umgesetzt. Auch die Zahl der kommunalen Nachhaltigkeitsberichte wächst stetig. Rund 100 Kommunen haben bereits umfassende Nachhaltigkeitsberichte veröffentlicht. Ein geeignetes Instrument ist hierfür der Berichtsrahmen Nachhaltige Kommune (BNK). Dieser wurde bisher von rund 30 Kommunen angewandt. Die vom Rat für Nachhaltige Entwicklung in Zusammenarbeit mit dem Difu, der Bertelsmann Stiftung und der SKEW weiterentwickelte Fassung des BNK (Externer Link) wurde im Oktober 2024 veröffentlicht und wird von den kommunalen Spitzenverbänden, der LAG21 und der KGSt unterstützt. Andere Kommunen nutzen eigene Berichtsformate. Eine geeignete Datengrundlage stellen dabei die SDG-Indikatoren für Kommunen dar. Zusätzlich bietet das SDG-Portal (www.sdg-portal.de (Externer Link)) die Möglichkeit, standardisierte oder individualisierte Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. Nachhaltigkeitsberichte stellen den Status Quo mit Blick auf das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele dar. Zudem können Kommunen Fortschritte in ihrer nachhaltigen Entwicklung auf diese Weise detailliert erfassen und steuern. 18 Kommunen haben bereits „Voluntary Local Reviews“ nach internationalen Standards erstellt und berichten ihre Fortschritte bei der Umsetzung der 17 SDGs gegenüber den Vereinten Nationen (SDG Localization and the Voluntary Local Reviews| Department of Economic and Social Affairs (Externer Link)). Kommunen nehmen regelmäßig an internationalen Konferenzen der Vereinten Nationen (High Level Political Forum, Habitat, World Urban Forum oder Klimagipfel) oder der OECD teil und diskutieren mit globalen Institutionen bestmögliche Umsetzungsstrategien.
Globale Partnerschaften: Darüber hinaus gibt es mehr als 800 Partnerschaften deutscher Kommunen mit Kommunen aus dem Globalen Süden, darunter mehr als 100 Klima- und Nachhaltigkeitspartnerschaften. Vermehrt finden auch SDG-Indikatoren in der Partnerschaftsarbeit Berücksichtigung. Im Jahr 2024 veröffentlichten die Partnerstädte Bremen, Durban und Windhoek ihren ersten gemeinsamen SDG-Bericht mit Fokus auf die SDGs 6, 11, 13 und 17. Über Plattformen wie „Connective Cities“ oder den „Club der Agenda 2030 Kommunen“ bringen sich die deutschen kommunalen Spitzenverbände zusammen mit Verbänden und Netzwerken aus 15 Partnerländern in einen Lernprozess zur Erstellung und Nutzung von VLRs ein. Die Etablierung der SDG Task Force des Städtenetzwerkes Eurocities mit über 50 europäischen Städten als Lernplattform und Interessensvertretung wurde maßgeblich von deutschen Städten vorangetrieben.
Nachhaltigkeit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe: Nur im Zusammenspiel zwischen lokaler Politik und Verwaltung, lokaler und regionaler Wirtschaft, Kultur und der Zivilgesellschaft kann nachhaltige Entwicklung erfolgreich umgesetzt werden. Kommunen sind dabei die treibenden Kräfte zur Umsetzung der Agenda 2030. Lokal verankerte Initiativen tragen dazu bei, die SDGs zu erreichen; in vielen Kommunen bringen so genannte Nachhaltigkeitsbeiräte vielfältige Akteure zusammen. Dadurch wird das Thema Nachhaltigkeit auch als gesamtgesellschaftliche Aufgabe angegangen. Kommunen führen kreative Kampagnen, Wettbewerbe und Ausstellungen durch, um das Bewusstsein der Bevölkerung für die Ziele der Agenda 2030 zu stärken. Darüber hinaus verankern sie die Nachhaltigkeit in ihren Stadtstrategien und städtischen Haushalten.
Was hat das Nachhaltigkeitsengagement der Kommunen insgesamt bewirkt? Die Entwicklung der SDG-Indikatoren für Kommunen seit der Einführung der Agenda 2030 zeigt Licht und Schatten, wobei klar zu berücksichtigen ist, wo haben Kommunen direkten Einfluss und wo sind sie von der Landes- beziehungsweise Bundesgesetzgebung abhängig, am deutlichsten wird dies im „kommunalen“ SDG 11, für das über die bekannten Herausforderungen bei Wohnraum und Individualverkehr kein eindeutiger Entwicklungstrend abgeleitet werden kann. Während der Ausbau der erneuerbaren Energien und Infrastrukturen (SDG 7 und 9) sowie Wirtschaft und Beschäftigung (SDG 8) positive Trends aufweisen, offenbaren die Indikatoren in den Bereichen Gesundheit (SDG 3), weniger Ungleichheiten (SDG 10) und Leben an Land (SDG 15) alte und neue Problematiken. Unterschiede zeigen sich auch zwischen verschiedenen Kommunaltypen: Großstädte zeigten eine grundsätzlich bessere Entwicklung in der Finanzausstattung (SDG 16), die den Handlungsspielraum für Nachhaltigkeitsaktivitäten maßgeblich prägt. Größere Fortschritte bei der Geschlechtergerechtigkeit (SDG 5) erzielten zuletzt die Kommunen in eher ländlich geprägten Räumen. Kleine Kommunen entwickelten sich positiver im Bildungsbereich (SDG 4). Mittelstädte und städtische Kreise außerhalb der Großstädte zeigen im Vergleich die schwächsten Dynamiken über alle SDGs hinweg. Wachsende Kommunen schnitten vergleichsweise schlecht bei der Armutsbekämpfung (SDG 1) ab. Um für das gesamte Themenspektrum der Nachhaltigkeit Trends zu ermitteln, mangelt es jedoch weiter an verfügbaren, aktuellen Daten, insbesondere in den wichtigen Transformationsbereichen Klima- und Biodiversitätsschutz (SDG 13, 14, 15), Kreislaufwirtschaft (SDG 12) und Entwicklungszusammenarbeit (SDG 17).
Was kann man besser machen? „Gemeinschaftsaufgaben“ sind am besten gemeinsam zu lösen. Aktuell ist die wirksame Verzahnung bei vielen Themen zwischen der Bundes-, Landes-, und kommunalen Ebene nicht immer gegeben. Aufgabenzuweisungen ohne Ressourcen bringen die Kommunen in strukturelle Schieflagen, die zur Not vor Ort nicht immer nachhaltig entschieden werden können. Hier braucht es einen neuen Aufbruch! Öffentliche Investitionen auf kommunaler Ebene sind der Schlüssel für eine effiziente und effektive Umsetzung der Agenda 2030. Dafür müssen Kommunen angemessen finanziell in die Lage versetzt werden, Maßnahmen ergreifen zu können. Eine kommunale Beteiligung ist auch erforderlich, weil die Agenda 2030 systemimmanente Zielkonflikte beinhaltet, die im Ergebnis auf kommunaler Ebene ausgeglichen werden müssen. Zielkonflikte führen dazu, dass widersprüchliche Maßnahmen ergriffen werden. Die Erreichung eines Zieles gefährdet Fortschritte für ein anderes Ziel. Wie kann mit möglichst geringem Flächenverbrauch die Infrastruktur für Mobilität verbessert oder bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden? Wie kann der Anteil erneuerbarer Energien erhöht werden, ohne das Ziel bezahlbarer Energien zu gefährden? Diese Zielkonflikte müssen auf kommunaler Ebene ausgeglichen werden. Kommunen müssen daher frühzeitig und umfassend in den Prozess zur Fortschreibung der Agenda 2030 beyond einbezogen werden.