VNR 2025 Gemeinsamer Beitrag von SDSN Germany, GPF Europe und VENRO
Eine zentrale Herausforderung bei der Umsetzung der Agenda 2030 in, mit und durch Deutschland stellen negative Spillover-Effekte dar. Angesichts der zunehmenden Geopolitisierung der internationalen Nachhaltigkeitspolitik und der wachsenden Handlungsmacht von Niedrig- und Mitteleinkommensländern, wäre Deutschlands Kooperationspolitik gut beraten, die negativen Auswirkungen eigener Konsum- und Produktionsmuster transparent und proaktiv zu adressieren. Die Thematisierung von Spillover-Effekten entlang der Transformationsbereiche und Hebel der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) ist ein sinnvoller erster Schritt. Für die konkrete Umsetzung und deren Nachverfolgung bedarf es jedoch spezifischer Indikatoren samt notwendiger Ressourcen für das Statistische Bundesamt. Eine Analyse zu Spillover-Effekten in Deutschland (Fuller & Bermont-Diaz, 2024 (Externer Link)) empfiehlt beispielsweise, Indikatoren für importierte Entwaldung oder Fälle von Zwangsarbeit in Lieferketten zu entwickeln. Mit den Indikatoren müssen entsprechende evidenzbasierte Maßnahmen verknüpft sein, die negative Spillover-Effekte reduzieren helfen sollen. Dabei sollten verschiedene Dimensionen berücksichtigt werden, neben sozialökologischen etwa auch sicherheits- und finanzpolitische Effekte. Wie der 2020er VNR Finnlands und die 2023er VNRs Frankreichs und Islands könnte auch der deutsche VNR 2025 Spillover-Effekte in einem eigenen Abschnitt behandeln.
Um die internationale Kooperation zur Reduktion negativer Spillover-Effekte zu fördern und die heterogenen Perspektiven der von Spillover-Effekten betroffenen Akteure und Länder durchgehend bei der Gestaltung von entsprechenden Maßnahmen zu berücksichtigen, wären inklusive, hybride Beteiligungs- und Peer-Learning-Formate mit nationalen und internationalen Akteuren aus Wissenschaft, Politik, Gesellschaft und Wirtschaft wichtig (SDSN Germany, 2024 (Externer Link); Berger et al., 2024 (Externer Link)). Es existieren bereits zahlreiche Beteiligungs- und Umsetzungsformate zur DNS der Bundesregierung (zum Beispiel Dialogveranstaltungen, Gemeinschaftswerk Nachhaltigkeit), und einzelne Ministerien bemühen sich sehr, kritische Reflexion und Lernen zu ermöglichen. Stimmen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft fordern jedoch eine effektivere Kommunikation und höhere Repräsentativität der Beteiligungsprozesse. Besonders zielführend wäre es, das Wissen von Akteuren aus jenen Ländern einzubinden, die von Deutschlands negativen Spillover-Effekten betroffen sind. Die Vielfalt könnte weiter gestärkt werden, indem neben den internationalen Betroffenen, Akteure aus Graswurzel-Bewegungen, der Kultur- und Kreativwirtschaft und aus traditionellen im- und exportorientierten Wirtschaftszweigen stärker einbezogen werden. Beteiligungsprozesse sollten von Offenheit und Experimentierfreudigkeit geprägt sein, konkretere Problemstellungen und Zielformulierungen vorweisen und dabei die Kapazitäten von gesellschaftlichen Akteuren beachten (und gegebenenfalls finanzielle Unterstützung ermöglichen). Ein Feedback zu den Empfehlungen, die aus Beteiligungsprozessen hervorgehen, und zu deren Umsetzung beziehungsweise zu Vorbehalten oder Hindernissen dafür, wäre hilfreich und könnte gegenseitiges Lernen befördern.